Am 29.03.25 fand im Kinder- und Jugendclub Schloss 19 in Berlin die Mitgliederversammlung des Landesjugendrings Berlin (LJR) statt. Bei dieser wurde unter anderem ein Antrag des Vorstandes des LJR mit dem Titel „Demokratie vor ihren Feind*innen schützen – jetzt Position beziehen und handeln“ beraten. Dieser stellte fest, dass die Berliner Jugendverbände für eine freie und demokratische Gesellschaft stehen, in der Rassismus und Rechtsextremismus keinen Platz haben. Im Antrag wurde eine klare Abgrenzung von rechtsextremen Organisationen vorgenommen und jegliche Kooperation mit ihnen ausgeschlossen.
Er enthielt auch konkrete Verpflichtungen für den LJR und die Mitgliedsorganisationen des LJR. Eine davon war, dass „keine Personen in Gremien und Ämter des Landesjugendring Berlin berufen [werden], die Mitglied der AfD, deren Jugendorganisation sowie ihr nahestehender Organisationen sind oder diese aktiv unterstützen“. Durch die Repräsentant:innen der Deutschen Esperanto-Jugend (DEJ) wurde in diesem Teil des Antrages jedoch eine technische Regelungslücke ausgemacht, die nicht tragbare Konsequenzen zur Folge gehabt hätte. In seinem Debattenbeitrag, während der Antragsberatung führte ein Vertreter der DEJ dazu aus, dass der Antrag sich an dieser Stelle explizit nur auf die AfD und ihr nahestehende Organisationen beziehe. Es gebe jedoch auch rechtsextreme Vereinigungen, welche der AfD ablehnend gegenüberstünden, da sie nach ihrer Auffassung nicht rechtsextrem genug sei. Damit würde die absurde Konsequenz eintreten, dass zwar Personen aus der AfD und ihrem Umfeld von Ämtern und Gremien des LJR ausgeschlossen würden, aber nicht bspw. Mitglieder des III. Weges und seiner Jugendorganisation der NRJ. Deswegen sei hier eine Änderung dringend erforderlich.
Die DEJ konnte einen Änderungsantrag aber nicht selbst stellen, da sie an der Mitgliederversammlung nur als beratender Verband teilgenommen hat.
Dieses Problem wurde von der Delegation dadurch gelöst, dass der Schulterschluss mit der Delegation der DGB-Jugend hergestellt wurde. Vor der Antragsberatung wurde seitens der DEJ der Austausch mit den delegierten Personen der DGB-Jugend zum technischen Mangel des Vorstandsantrags gesucht. Hierbei kamen die jungen Kolleg:innen zu dem gleichen Schluss wie die jungen Esperantist:innen und erklärten sich bereit einen Änderungsantrag vorzuschlagen, der die Regelungslücke schließt. In seinem Beitrag führte der Delegierte der DGB-Jugend dazu aus, dass der Antrag des Vorstandes gut sei, mit dem Änderungsantrag aber eine erforderliche Nachschärfung an der richtigen Stelle vorgenommen werden würde.
Der Änderungsantrag bestand darin, dass auch Personen mit Bezug zu anderen rechtsextremen Gruppen von Gremien und Ämtern im LJR Berlin ausgeschlossen werden. Er wurde im Anschluss vom Vorstand des LJR übernommen und fand in der geänderten Fassung die Billigung mit überwältigender Mehrheit durch die Mitgliederversammlung. Für einige Menschen mag diese Änderung nur als formale Petitesse erscheine. Es sei aber darauf hingewiesen, dass in der Geschichte Lücken in Regelwerken von der politischen Rechten bereits genutzt worden sind um demokratische Gremien zu unterminieren oder auszuschalten. Beispielhaft sie hier auf die Vorgänge in der Ersten Österreichischen Republik verwiesen. Hier verweigerte der austrofaschistische Bundeskanzler Engelbert Dollfuß 1933 den erneuten Zusammentritt des Nationalrates unter dem Vorwand, dass eine „Selbstausschaltung des Parlaments“ stattgefunden habe, weil alle Präsidenten des Nationalrates zurückgetreten seien. Das war eine entscheidende Etappe auf dem Weg zum austrofaschistischen Ständestaat. Die damalige Geschäftsordnung des Nationalrates sah für diesen Fall keine Regelung vor. Daraus wurde in der zweiten Republik die Konsequenz gezogen, das die Geschäftsordnung des Nationalrates nun die Regelung enthält, dass wenn alle Präsident:innen an der Amtsausübung gehindert sind automatisch das älteste Mitglied die Aufgaben der Nationalratspräsident:innen übernimmt, insofern dieses einer der im Präsidium vertreten Parteien angehört. Zur gleichen Stunde als der Antrag zum Rechtsextremismus beraten wurde, fand in einem anderen Bezirk der Hauptstadt ein Ereignis statt, welches nochmals dessen Notwendigkeit unterstrich. In Marzahn-Hellersdorf marschierten 250 Faschist:innen auf, um den zehnten Jahrestag der Gründung des Berliner Ablegers der Partei III. Weg mit einer Demo zu feiern. Nach der Bundeszentrale für politische Bildung hat diese ein stark neonazistische Profil und sieht sich als radikale alternative zur Partei „Die Heimat“ (früher NPD).
Diesem rechten Treiben stellten sich massenhaft antifaschistisch gesinnte Menschen auf der Straße entgegen.
Ebenso entschlossen stellten sich auch die Teilnehmer:innen der Mitgliederversammlung des LJR Berlin präventiv jeglicher Rechtsentwicklung in der eigen Organisation entgegen. Denn ihnen allen ist klar, egal ob Straße oder Verband, wichtig ist der Widerstand.